Wenn Streamingdienste ihre Abrufzahlen veröffentlichen, sorgt das fast immer für Diskussionen. Doch die Dimensionen, die Netflix für die britische Produktion Adolescence nennt, sind beachtlich. Laut dem Unternehmen erreichte die Serie innerhalb der ersten 90 Tage nach Veröffentlichung 142,6 Millionen Views – und gilt damit als die meistgesehene Miniserie in der Geschichte der Plattform (u. a. berichtet von Patrick Reinbott bei moviepilot.de).
Die Handlung dreht sich um den 13-jährigen Jamie Miller (Owen Cooper), der von der Polizei in Gewahrsam genommen wird. Der Vorwurf: Er soll eine Mitschülerin ermordet haben. Das Besondere ist weniger der Plot als die Erzählweise: Jede der vier Episoden läuft in Echtzeit, gedreht ohne sichtbare Schnitte, jeweils mit Fokus auf eine andere zentrale Figur. Neben dem beschuldigten Jugendlichen stehen dabei ein Ermittler (Ashley Walters), eine Polizeipsychologin (Erin Doherty) sowie Jamies Eltern im Mittelpunkt.
Wirkung und Rezeption
Die Serie entwickelte sich ab März 2025 ohne große Marketingkampagne zur Überraschungssensation. In Großbritannien und international wurde das Format wegen seiner Intensität und formalen Konsequenz gefeiert. Bei den Emmy Awards gewann Adolescence acht Preise, darunter für die „Beste Miniserie“, „Beste Regie“ und „Bestes Drehbuch“. Besonders Aufsehen erregte der 15-jährige Owen Cooper, der als jüngster Schauspieler aller Zeiten den Emmy als „Bester Nebendarsteller“ erhielt.
Einschätzung
Adolescence lebt von seinem formalen Experiment: vier Episoden in ununterbrochenen Einstellungen, die den Zuschauer mitten in die Handlung versetzen. Das Ergebnis ist eine beklemmende, aber zugleich fesselnde Erfahrung, die an Theaterinszenierungen erinnert und gleichzeitig mit filmischer Wucht erzählt ist. Die hohe Zahl an Streams überrascht angesichts dieser sperrigen Machart – zeigt aber, dass Netflix-Publikum auch für ungewöhnliche Serienformen offen ist.
Ausblick
Offiziell ist die Geschichte abgeschlossen, eine zweite Staffel ist nicht geplant. Die Showrunner signalisierten jedoch, dass sie sich unter den „richtigen kreativen Bedingungen“ eine Fortsetzung vorstellen könnten. Netflix hat bislang keine neue Season bestätigt.
Mit Adolescence beweist Netflix, dass ein konsequent erzähltes Miniserien-Format sowohl beim Publikum als auch bei Kritikern enorme Resonanz erzeugen kann. Die Serie ist mehr als ein Streaming-Phänomen: Sie ist ein formales Experiment, das sich inhaltlich wie inszenatorisch abhebt – und das Format Miniserie neu definiert.